Mittagsnachrichten von Radio ZP-30 am 17. Juni 2022

Öffentliche Anhörung im Kongress zum Thema Familie in Paraguay. In dieser Woche hatte die Senatorin Blanca Ovelar in das Oberhaus eingeladen, damit sich verschiedene Interessengruppen zu einem Gesetzprojekt zum Schutz der Familie äußern konnten. Am Montag bekamen in der Senatorenkammer Vertreter von 30 Institutionen die Gelegenheit, der Senatorin ihre Meinung und Anträge vorzulegen, die bei der Formulierung des Gesetzestextes berücksichtigt werden sollen. Eingeladen hatte Frau Ovelar Funktionäre aus mehreren Ministerien, Eltern, Studenten, Schüler, und Vertreter der Zivilgesellschaft, darunter von Fida Paraguay, Acomepa, der Evangelikalen und der katholischen Kirche.
Es geht um einen Gesetzentwurf, der sich im Moment so nennt: Ley de Protección Integral a la Familia. Der Entwurf stammt aus dem Jahr 2017, und wurde von den damaligen Senatoren Mario Abdo Benítez und Arnoldo Wiens, sowie von Blanca Ovelar angestrengt, die noch heute Mitglied im Oberhaus ist. Die öffentliche Anhörung zu dem Textentwurf fand am Montagvormittag statt und wurde über die Internetplattformen Facebook und auf dem Youtube-Kanal der Senatorenkammer Senado TV ausgestrahlt. Dort kann man die zweieinhalbstündige Veranstaltung auch im Nachhinein noch anschauen.
Die Anhörung bildete das Ende einer Reihe von Beratungen und Überlegungen zu einem Rahmengesetz zum Schutz der Familie. Zu dem Gesetzentwurf, durften bei der Gelegenheit diejenigen sprechen oder Stellung nehmen, die eingeladen worden waren und sich vorher in die Liste der Redner eingeschrieben haben. Es wurde ein Protokoll geführt, und es wurden Vertreter aus den Teilnehmern gewählt, die das Protokoll unterschreiben würden. In einer Einleitung stellte die Senatorin Ovelar das Anliegen des Gesetzentwurfes vor. Es soll ein Rahmengesetz werden, für Gesetze, die einen breiten Schutz der Familie in Paraguay gewährleisten und fördern sollen. Die Senatorin hob den Wert der Familie hervor, betonte sie als Kern der Gesellschaft und gewährte einen Blick in die Misere, in der sich ein Großteil der paraguayischen Familien befindet. Danach kamen die rund 30 Vertreter von Interessengruppen nacheinander zu Wort.
In Vertretung des Innenministeriums sprach der Vizeminsiter für politische Angelegenheiten Juan Arnold über die Anstrengungen, die das Ministerium unternimmt, um allen Menschen in Paraguay mit Ausweisdokumenten zu versehen, besonders diejenigen, die am Rande der Gesellschaft stehen, damit sie als Staatsbürger eine Identität bekommen. Der Vizeminister betonte auch die Wichtigkeit der Stärkung der paragjuayischen Gesellschaft, durch die geistliche Begleitung von Familien in Paraguay.
Der Vizeminister im Ministerium für Kinder und Jugendliche, Minna, Walter Gutiérrez sprach über die schon bestehenden Gesetze zum Schutz der Familie: Das Gesetz über Adoptionen und das Recht darauf, in einer Familie zu leben und das Gesetz zum Schutz von Kleinkindern. Es gebe viele bestehende Programme, die vereint zum Wohl der Familie angewandt werden müssten, so der Vizeminister aus dem Minna. Die Vertreterin aus dem Bildungsministerium ging in dieselbe Richtung, als sie sagte, das neue Gesetz müsse einen Rahmen oder Schirm bieten, unter dem die vielfältigen Programme koordiniert und in Absprache ausgeführt werden. Darauf könne zum Beispiel ein System zur Nachverfolgung der Schulbildung von Kindern aufbauen.
Gleich mehrere Vertreter von Organisationen aus der Zivilgesellschaft forderten in ihren Statements die Souveränität der Familie und das Sorgerecht der Eltern. Weder der Staat noch internationale Organisationen dürften die Familie ersetzen, die Eltern im Speziellen, oder die Kontrolle über die Kinder erlangen. Der Staat müsse lediglich den Rahmen stecken und die Rolle der Eltern stärken, so die Botschaft.
Ein weiteres Thema, dass sich durch die Reden zog, war die Definition von Familie. Diese müsse so definiert bleiben, wie es das Grundgesetz vorschreibt: Aus Vater, Mutter und Kind bestehend, so die Vertreterin des Frauenministeriums. Miguel Ortigoza, der gleich für mehrere Gruppen als Vertreter auftrag, unter anderem für die Nationalfront Pro Vida und Pro Familia, Frenvifa, machte sich dafür stark, dass wenn Elternpaare, die laut Gesetz aus Mann und Frau bestehen, die Begriffe „Mann“ und „Frau“ aus biologischer Sicht als solche definiert werden.
In Vertretung der Vereinigung der Mennonitenkolonien von Paraguay, Acomepa, sprach Viktor Wall. Er stellte 6 Punkte vor, die Acomepa ein Anliegen sind, wenn das Gesetz formuliert wird. Zunächst beantragte er, dass dem Gesetz das Wort Fortalecimiento in den Titel zugefügt wird, so dass es „Ley de Fortalecimiento y Protección intergral a la Familia“ heissen würde. Also Gesetz zur umfassenden Stärkung und Schutz der Familie. Das Wort Stärkung werde mehr Gewicht auf die Vorbeugung legen, als auf das Problem. Zweitens: Das Gesetz muss klarer an die Formulierung im Grundgesetz gelehnt werden, wo sich Paraguay als Land für das Leben und für die Familie ausspricht. Drittens wies Wall darauf hin, dass der Schwerpunkt des Gesetzes falsch liegt, wenn er sich auf die Rechte konzentriert. Er sagte: „Wir können nicht in einer Welt leben, wo jeder nur seine Rechte einfordert.“ Das Wort „Rechte“ sei missbraucht und verdreht worden. Deshalb schlägt Acomepa vor, dass das Gesetz den Schwerpunkt auf die Verantwortung legt. Die sei Mangelware in der heutigen Gesellschaft. Wer ein Recht habe, eine Familie zu gründen, müsse für diese auch Verantwortung übernehmen, betonte Wall.
Viertens: Bei der Gleichheit der Rollen und Rechte in der Familie müsse am Gesetzentwurf nachgearbeitet werden, so Wall. Zwischen den Rollen und Rechten von Eltern und Kindern müsse differenziert werden. In seinem fünften Punkt sagte auch Wall, dass die Definition von Familie klarer und stärker an das Grundgesetz gebunden, formuliert werden müsse. Was Familie ist, dürfe nicht von den Launen der Menschheit abhängig sein. Schliesslich machte sich der Acomepa-Vertreter dafür stark, dass in das Gesetz Werte eingefügt und formuliert werden, die der Familie förderlich sind. Wer in einer klaren Ethik und moralischer Integrität erzogen wurde, werde als Erwachsener später andere Entscheidungen treffen als jemand, der ganz anders aufgewachsen ist. Als fördernswerte Werte nannte Wall Rechtschaffenheit, Dialog statt Gewalt, gegenseitiger Respekt, Verantwortung, Rechenschaftspflicht oder –Bereitschaft, Freundschaft und Solidarität, Dankbarkeit, Toleranz, Integrität und Patriotismus.
Die Katholische Kirche will in dem Gesetz die Rechte des Ungeborenen Kindes und der elterlichen Vormundschaft stärker verankert sehen. Oft zur Sprache kam die Realität des Landes: 30 Prozent der Familien werden von Müttern oder Großmüttern alleine geführt, eines von 5 Kindern kommt außerehelich auf die Welt, in jedem Bekanntenkreis gibt es zahlreiche Scheidungen. Wenn Familien nicht funktionieren, kann die Gesellschaft nicht funktionieren. Der Staat müsse unterstützen. Das waren Gedanken, die immer wieder geäussert wurden, – die auch die Senatorin Ovelar selbst stark betonte. Sie zeigte sich zutiefst erschüttert über die tiefe Spaltung in der heutigen Gesellschaft: Die faszinierende moderne Welt, die Entdeckungen und Lösungen präsentiert, und auf der anderen Seite die Misere vieler Familien und Gesellschaften. Der Gesetzentwurf durchläuft als nächstes Arbeitsgruppen und Foren, zu denen Frau Ovelar einladen wird. Sie versicherte, das Projekt werde nicht eher den Senatoren vorgelegt werden, vevor nicht der bestmnögliche Konsenz gefunden worden sei. (Eigene Beobachtungen aus Senado TV)


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